Gedanken zur "Volksverdummung"

Auf einer Seite namens kritisches-netzwerk.de habe ich zufälligerweise diesen Artikel entdeckt, der sich mit dem Thema der sogenannten "Volksverdummung" auseinandersetzt. Vieles was darin geschrieben steht, halte ich für wahr und richtig, aber eine Sache ist mir doch unangenehm aufgefallen. Stellenweise wird in dem Artikel eine fast schon mysteriöse treibende Kraft erwähnt, welche nach Auffassung des Autors offenbar zielgerichtet die sogenannte "Volksverdummung" zum Ziel hat. Ich persönlich glaube weder an eine solche zielgerichtet treibende Kraft, noch an den dezidierten Wunsch von Wenigen, das gemeine Volk vorsätzlich in seinem Wissen zu beschneiden oder wie es so schön heißt: zu "verdummen".

Weder die Wirtschaft, noch die Politik, noch sonst jemand oder irgendetwas trägt meines Erachtens die alleinige Schuld daran, dass alles so ist wie es nun einmal ist. Dass in unserer Gesellschaft Tendenzen in Richtung einer gewissen "Versimplifizierung" von Dingen, Problematiken und Angelegenheiten zu beobachten sind, das möchte ich keinesfalls bestreiten. Ich denke aber, dass die Ursachen dieser Tendenzen weniger in einer von außen gesteuerten zielgerichtet treibenden Kraft, als vielmehr im Inneren, im Wesen des Menschen selbst zu suchen sind - so wie es im Artikel auch an vielen Stellen herauszulesen ist.

Der Mensch tendiert wie jedes Lebewesen dazu, ökonomisch und effizient zu agieren. Oder salopp formuliert: Er tendiert dazu, es sich so bequem und sicher wie möglich zu machen. Es ist nun einmal deutlich ressourcenschonender "einfach" zu denken und "einfach" zu handeln. Aus der Notwendigkeit heraus in kargen Zeiten mit möglichst energiesparenden Mitteln das eigene Überleben sowie das Überleben der Sippe zu sichern (vgl. Darwinismus) ist es so gesehen auch vollkommen logisch, ja manchmal geradezu notwendig, dass wir auf diese Weise denken und handeln. So ist es zum Beispiel sehr viel einfacher und auf den ersten Blick auch sicherer, einen von anderen Menschen vorgefertigten Weg zu beschreiten, statt sich einen komplett neuen Weg durch's Dickicht der eigenen finsteren Unkenntnis schlagen zu müssen.

Jetzt sind wir aber - zumindest hier in Deutschland - in der glücklichen Lage, nicht in kargen Zeiten, sondern sogar in recht üppigen Zeiten leben zu dürfen. Und dennoch handeln wir stellenweise immer noch sehr viel ökonomischer (=fauler) als wir es eigentlich müssten und tun nicht selten nur das wirklich Notwendige, um ein (in klassischen Unterrichtsformen oft auch noch fremdbestimmtes) Ziel zu erreichen.

Die Krux an der Sache ist nun, dass vorgefertigte Wege ausschließlich zu vorgefertigten Zielen und damit zu vorgefertigten Erkenntnissen führen. Diese Erkenntnisse aber sind nicht echt, sie sind nicht wahrhaftig, denn sie sind nicht unsere eigenen ganz individuellen Erkenntnisse. Es sind die Erkenntnisse der anderen. Oder um es mit Worten aus dem Film "Guilty Of Romance" zu formulieren: Sie dringen nicht in unseren Körper ein.

"Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information" - Albert Einstein

Auch besteht auf einem vorgefertigten Weg nur wenig Spielraum für Kreativität. Auf einem solchen Weg kann nichts wirklich Neues entstehen. Und was (sich) nicht erneuert, was (sich) nicht verändert, was (sich) nicht entwickelt, das ist streng genommen bereits tot. Wir gehen bzw. leben dann so vor uns hin und bemerken oft nicht, dass wir doch eigentlich als lebende Tote unser Dasein auf Erden fristen; ein Dasein ohne echtes, wahrhaftiges Leben, ohne Lernen und Erkennen, oft auch aus Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten.

Als Mensch ist es meines Erachtens eine unglaubliche Chance, nicht nur die vorgefertigten Pfade betreten zu müssen, sondern auch seinen eigenen Weg gehen zu können - einen Weg, der eben nicht ausgetrampelt ist. Ein solcher Weg ist mit Sicherheit nicht der leichtere Weg, aber er ist nach meiner Erfahrung auf lange Sicht der weitaus interessantere, weil wahrhaft erkenntnisfördernde und dadurch persönlichkeitsformende Weg.

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